Es war ein sonderbarer Mai hier, und zwar in einigen Facetten. Die komplette erste Monatshälfte war verregnet, wie ich es zu dieser Jahreszeit hier noch nicht erlebt habe, und tageweise briste der Südost schon anständig auf. Entlang der ersten 10 Tage gab es genau einen, auf dem ich mich auf`s Boot hätte wagen können, aber an jenem 05. lag eine Charter an. Ich hatte Brett aus England und seine Freundin mit Sandro auf Frenzy für einen halben Tag Trolling sowie zwischendurch ein bisschen Jigging aufgesetzt, und bin natürlich wie immer mit. Die Schlepperei brachte früh einen Segelfisch, von dem leider aufgrund eines Kameraversagens kein Bild existiert. Das war mir gegenüber dem Angler ausgesprochen peinlich, und da beim allerdings kurzen Jigging nichts Besonderes herum kam, und auch beim danach wieder aufgenommenen Schleppen nur noch Bonitos bissen, hab ich Euch von diesem Trip leider ausser diesem Bludger Kingfish nichts zu zeigen. Asche auf mein Haupt.
Zum ersten Mal selbst zum Fischen kam ich erst am 11., leider war es nicht so toll. Die zum Poppern auf GTs angedachte Südküste von La Digue erwies sich bereits als unbefischbar, denn die schon mächtige Dünung aus Süd prallte gegen den Inselsockel, und von da wieder zurück. Das war einfach zu gefährlich. Das Jigging noch ein paar Meilen weiter südlich lief auch anders als erhofft. Zwar war die Bissfrequenz durchaus passabel, aber nur kleine Fische waren hoch zu bringen. Alles jenseits von etwa 2kg war, das sich nicht einfach raufkurbeln liess, wurde gnadenlos von Haien abgefressen. Erst ganz zum Ende hin, als deren Bäuche offenbar voll waren, oder die Mistviecher vielleicht gerade meine ganzen Jigs auf Ebay verhökerten, liess sich zumindest noch dieser Yellowspotted Trevally heil einbringen.
Und direkt kam noch dieser Fisch zum Vorschein. Musste mich wieder mal erst schlau machen, was das war. Offenbar ein Longnose Trevally. Willkommen auf meiner Artenliste.
Direkt im Anschluss kam es zu gleich zwei unschönen Entwicklungen. Zum einen hatten wir hier plötzlich neben der höchsten CoVid-Impfquote auch die weltweit meisten Infektionen pro Kopf, und zwar fast 3.000 auf 100.000 Einwohner. Das sorgte vor Ort für mehr als Beunruhigung; die ein paar Wochen zuvor erst gelockerten Einschränkungen traten wieder in Kraft, und das Ganze fand auch Widerhall in den internationlen Medien. Natürlich nicht hilfreich für den gerade wieder anfahrenden Tourismus. Quasi zeitgleich und über Nacht war hier in mein Ende der Bucht ein riesiger Schwarm Grossaugenmakrelen hereingezogen, auf der Fläche eines halben Fussballfeldes war das Wasser schwarz vor Fischen. Ich leckte mir schon die Lippen in Erwartung grosser Räuber und erstklassigen Fliegenfischens, aber Pustekuchen: Die Trevallies kamen nicht, und die Makrelen wurden zu Tausenden krank, um dann zu verenden. Die meisten begannen um den Kopf herum zu faulen, die Augen waren bei den meisten als erstes weg. Ein wenig schwammen sie dann noch unkoordiniert herum, und kurz danach ging`s kieloben. Mervin meinte, das sei bei ähnlich heftigen Regenfällen zu dieser Jahreszeit schon vorgekommen, und auch die Fischereibehörde begründete das Phänomen mit zu viel Süsswassereintrag und einer daraus folgenden Algenblüte. Wie auch immer, täglich hunderte verfaulende Fische vor der Haustür waren bzw. sind weder für`s Auge noch für die Nase angenehm.
Immerhin war die Geschichte abgesehen von ein paar toten Fischen um die Anse Gheorghette hier auf Praslin nur auf den Bereich vor meiner Haustür bzw. ein paar Hundert Meter links und rechts beschränkt. Mittlerweile ist der Schwarm um etwa 70% geschrumpft, da die Locals jeden Morgen ihre Netze auslegen, und heftig entnehmen. Vermutlich zur Verwendung oder Verkauf als Köder für die kommerzielle Handleinenfischerei. Bin aber ausnahmsweise froh darüber, denn was noch übrig ist, kränkelt und stirbt weiter vor sich hin. Warum der Schwarm nicht einfach auf`s Meer oder zumindest in`s nur ein kleines Stück weiter draussen sauber wirkende Wasser zieht, kann ich mir nicht erklären. Und durch diese Ferkelei zum Boot zu waten oder je nach Wasserstand schwimmen zu müssen schien mir wenig opportun, selbst das kurze Stück zum Felsen für`s Fliegenfischen war einfach zu widerlich. Meine nächste Chance, auf`s Wasser zu kommen, ergab sich insofern erst am 18. Der in Dubai lebende Angler Adam aus Nepal – das war neu – hatte mich kurzfristig wegen eines Tages Jigging und Popping am Drop kontaktiert, also organisierte ich für den Folgetag einen Trip mit Sandro. Schon bei der Ausfahrt war es arg rau, und am Drop drifteten wir mit fast 2 Knoten. Harte Bedingungen also, aber trotzdem begann es vielversprechend. Adam hatte umgehend seinen Traum-Hundezahntun von sicherlich über 50kg am Band, aber der Fisch war nicht zu stoppen, und zog am Grund entlang bis er die Schnur an einer Koralle kappte. Anschliessend hatten uns auch die Haie schon gefunden, und Sandros Jigs gingen bedenklich schnell zur Neige. Diesen schönen Bohar Snapper bekam Adam dort noch heil raus, aber dann mussten wir da weg.
Im Verlauf der folgenden Stunden frischte der Wind auf bis zu 16 Konten auf, die Wellen wurden recht mächtig, und zu allem Überdruss bissen die Fische immer schlechter, obwohl sich an allen Plätzen laut Echolot die Fische stapelten. Die Tune liessen uns komplett hängen, ein weniger hartgesottener Angler als Adam hätte wohl die Motivation verloren, aber er fischte knallhart durch, und wurde denn auch am langen Ende noch mit ein paar wirklich anständigen Jigging-Fischen belohnt.
Trotz des mässigen Tages war er insgesamt aber glücklich mit der Erfahrung, und verteilte am Ende sogar noch grosszügigst sündhaft teure Popper und Stickbaits an uns. Ich hab ja hier durch meine Aktivitäten schon viele erstklassige Angler und nette Typen kennengelernt, aber Adam war wirklich in beider Hinsicht aussergewöhnlich. Ich hoffe sehr, dass er wie avisiert bald wieder kommt, und dann unsere Fischerei auf dem Niveau erlebt, das er verdient. Entlang der folgenden Woche ging hier weiterhin solider Südost, und ich hatte schon fast alle Hoffnung fahren lassen, noch selbst rausfahren zu können, aber für die letzte Maiwoche war dann überraschend Traumwetter mit Wind unter 10 Knoten angesagt. Also überwand ich mich am 24., in der Hoffnung auf einen GT doch durch das anhaltende Fischsterben zum Boot zu waten. Das fand ein allerdings nicht allzu grosses Exemplar dann auch offenbar belohnenswert.
Der Fisch kam bereits vormittags, und ich war guter Dinge, im Verlauf bei steigender Tide vielleicht noch einen zu erwischen, aber ausser einer kapitalen Fehlattacke zeigte sich keiner mehr. Jener GT kam allerdings mit Vollgas senkrecht aus dem Wasser, ein traumhafter Anblick. Perfekt wäre es gewesen, wenn er noch meinen Stickbait im Maul gehabt hätte. Ein Schwarm Bluefin Trevallies folgte ein paar Mal verschiedenen Ködern, aber war nicht richtig heiss, und bei den zwei Bissen langten sie daneben. Da auch noch ein paar Bonitos mit mehr oder weniger Erfolg an Haien vorbei gebracht werden mussten, und am Ende ein ziemlich kapitaler Jobfish hängen blieb, war es aber eine unterhaltsame Tour.
Am 26. war mir eher nach Jigging, es sollte nochmals an den vor ein paar Wochen in eher schlechter Tide nicht so üblen Spot im Osten gehen. Die letzten 3 Seemeilen der Strecke dorthin wollte ich einen Wobbler schleppen, also liess ich den raus, klappte den Bügel zu, und da ruckte es auch schon. Also sicherheitshalber mal angeschlagen, heftiges Schütteln am anderen Ende, und ein eher kleines Schwert piekte aus dem Wasser. Der juvenile Sailfish von vielleicht 15kg hatte im Drill noch einen Kollegen im Schlepptau, der ihm bis zum Boot folgte. Ist immer bisschen bunt, die allein auf dem Boot an einem Köder mit zwei Drillingen zu verarzten, aber er war brav, und alles ging wie geölt. Kurz halb heraus gehoben für ein schnelles Bild, noch eine Minute mitgezogen, und dann durfte er wieder davonschwimmen.
Rasch den Wobbler wieder ausgelegt, und nach nicht mal einer Minute schraubte sich der nächste Segelfisch mit dem Teil im Maul aus dem Wasser, wurde es aber im Sprung los. Entlang der nächsten halben Seemeile sah ich noch einige mehr, und war guter Dinge, auf dem Weg zum Jiggingspot noch etwas einzusammeln, aber dem war nicht so. Das Jigging am angesteuerten Platz funktionierte trotz einer sich optimal entwickelnden Tide leider so gut wie gar nicht, in etwa vier Stunden liessen sich trotz allen Suchens auf dem recht grossflächigen Plateau nur ein knappes Dutzend Jobfish und kleine Grouper dingfest machen. Ein Platzwechsel schien angebracht, aber in dem Bereich gibt es an sich keine vielversprechende Alternative. Lediglich die Abbruchkante östlich von Big Sister Island hatte mir vor Jahren mal den einen oder anderen Fisch beschert. Also hab ich dort nochmal eine Stunde investiert, bekam genau einen Biss, und hatte damit satte 20 Minuten am leichten Geschirr zu werkeln. Weiss zeigte letztendlich dieser sehr ordentliche Golden Trevally, den ich dort nunmal gar nicht erwartet hätte.
Keine tolle Frequenz also an dem Tag, aber mit zwei sehr ansehnlichen Fischen konnte ich zufrieden sein. Umso mehr, als die Jiggerei zu dieser Zeit kurz vor dem Einsetzen des Südost traditionell hakelig ist. Die Fische sind momentan an den flachen Plateaus nicht so interessiert, sondern eher an den ausgeprägteren Strukturen. An denen sich allerings halt auch die Pickhandle Barracudas und Haie stapeln, die einem wirklich den Spass vermiesen, und die Jiggerei arg kostspielig werden lassen. Wieder zwei Tage später, also am 28., sollte es nochmal ein Wurftag werden. Ein paar Stunden vormittags an einem an sich unproduktiven Platz raisten nur einen Bluefin Trevally, und dann fand ich mich an der zum Wochenanfang befischten Bank ein. Diesmal blieb ich allerdings deren Mitte, da sich dort eine Baitline aus Füsilieren über einen Kilometer lang erstreckte. Diese wurde den ganzen Nachmittag intensiv beackert, und da der Wind komplett abstarb, wurde das wirklich harter Sport. Obendrauf recht frustrierend, denn Fische zeigten sich zwar, wollten aber partout nicht beissen. Ein nicht so übler Doggie von etwa 30kg folgte einem Stickbait bis and`s Boot, und auch dem beim nächsten Wurf angebotenen Popper. Selbige liessen sich allerdings kaum fischen - zum einen der extremen Hitze, und zum anderen der Haie wegen, die bei praktisch jedem Wurf attackierten. Die Stickbaits guckten sich allerlei Jobfish und Bluefin Trevallies an, aber gierig war nur der eine, grosse GT. Dieser mindestens Enddreissiger kam an der Oberfläche in einer Kurve parallel zur Schnur angerast, ich ging schon leicht in die Knie, um den garantiert massiven Ruck abzufangen, das Wasser explodierte, und ich spürte – nichts. Unglaublich, dass dieser Fisch mit seinem Riesenmaul den Köder verfehlte, der kann es sich eigentlich nur im allerletzten Moment anders überlegt haben. Da dort auch bis zum Tidenhöchststand am späten Nachmittag nichts mehr gehen wollte hab ich auf dem Heimweg noch ein paar Würfe an dem Platz eingelegt, der mir vier Tage zuvor zahlreiche Bluefin Trevally Nachläufer und den fetten Jobfish beschert hatte. Wieder war`s genau das gleiche Spiel dort, die Bluefins guckten sich bloss alles an, aber ein ähnlich grosser Jobfish verhinderte zum Glück noch den totalen Schneidertag. Da war ich dann doch dankbar.
Wie schon oft hat sich an dem Tag bestätigt, dass die Topwater-Angelei unmittelbar nach Vollmond schwierig ist, aber den vermutlich letzten richtig ruhigen Tag vor dem nun wirklich bald in voller Härte zu erwartenden Südost konnte ich einfach nicht an Land verbringen. Im Verlauf des Monats, soweit das Wetter es anfangs zuliess, und speziell in der letzten Woche, waren auch die Charterboote gut beschäftigt. Zwar handelte es sich zumeist nur um halbe Trolling-Tage mit Novizen oder Gelegenheitsanglern, aber die Jungs waren natürlich trotzdem mehr als froh, endlich wieder zumindest ein bisschen zu tun zu haben. Die Ergebnisse waren allerdings sehr gemischt, denn die kleineren Gamefish wie Wahoos und Tune zeigten sich nicht immer kooperativ. Manchmal waren sie willig, wie hier zu sehen, aber an anderen Tagen bissen nur Bonitos.
Dann kam es für einen erfreulichen Trip darauf an, die schon zahlreich und recht früh hier herum sausenden Segelfische, die sich oft zeigten, zu überzeugen. Wenn die aggressiv waren, und einfach zuschnappten, retteten sie damit so manche Tour. Das waren sie aber oft nicht, und dann muss man sein Handwerk verstehen. Sicher kein Zufall, dass Sandro auf seinen ersten drei Ausfahrten stets erfolgreich war.
Nur auf der Vierten zeigte sich keiner. Dafür hatten sie am Light Tackle dann einen Marlin am Band. Der war auch mit laut Sandro annähernd 200kg doppelt so gross wie hier sonst im Schnitt, und machte mit dem unerfahrenen Angler und dem kleinen Lure kurzen Prozess. Aus Mahe war diesen Monat nicht viel Besonderes zu hören, wenn man mal von einem 80kg Gelbflossentun, den das 9G Sportfishing Team schon zu Monatsanfang erwischte, absieht. Fast ein bisschen früh im Jahr, aber da das Wasser von fast 31° schon auf unter 28° abgekühlt ist, scheinen auch diese dicken Dinger bereits einzurücken. Alles in allem war also dieser Mai trotz der verschiedenen, geschilderten Widrigkeiten gar nicht so übel. Da hier jetzt auch die CoVid-Infektionszahlen zuletzt wieder deutlich zurück gingen, und von den infizierten Vollgeimpften fast niemand mehr nennenswerte Probleme zu bekommen scheint, schauen wir hier nun durchaus wieder etwas optimistischer in die Zukunft.
Die früheren Berichte finden sich im Archiv.